Ein Album & seine Geschichte | Teil 2

Vor einigen Jahren veröffentlichte der PHONEHEAD MUSIC CLUB – das Soloprojekt von Kai Reininghaus – ein Album mit dem seltsamen Titel „Between Platform And Train“. Die Anzahl der Exemplare war auf 25 Stück limitiert. Auf dem Cover sah man ein eigenartiges Wesen; den Blick abgewandt, treibt es nackt durch eine Unterwasserwelt. So scheint es zumindest. Hier erzählt cairo was es mit dem Album, dem Namen und dem Artwork auf sich hat. – Teil 2 –

Das Artwork des Albums "Between Platform and Train"Das Cover-Artwork – im Zweifel hilft immer der Zufall

cairo: Das Cover eines Albums war für mich schon immer wichtig. Nicht nur einfach Verpackung. Ich erinnere mich, wie ich mir als Teenager alle Details ganz genau angeschaut habe. Ganz langsam, eine richtige Entdeckungsreise war das. Klar, nicht jede Platte war dementsprechend gestaltet.

Mich interessierte einfach alles. Die Texte, natürlich. Die Studios, wer es gemischt hatte, die Credits und so weiter … Und dementsprechend bin ich auch bei meinen eigenen Veröffentlichungen ran gegangen. Das war und ist immer ein wichtiger Teil, auf den ich mich jedes Mal gefreut habe (und freue). Diese visuelle Geschichte beinhaltet ja nicht nur das Cover sondern auch Videos, Promotion-Artworks etc. All das ist für mich ein wichtiger Part, wenn es um meine musikalischen Releases geht.

Kurze Atempause: I FEEL THE LIGHT ist ein weiterer Track aus dem Album „Between Platform And Train“. Ein Song über die Macht des Lichts, die Mystik der Liebe und die Magie der Töne …

cairo: Das Interesse an der visuellen „Begleitung“ ging schon los bei THE REAL DEAL, einer meiner Leipziger Bands. Wir haben Anfang 1988 unser erstes Tape veröffentlicht und mir war gleich klar, dass ich da auch das Cover machen möchte. Aus rein praktischen Gründen musste es etwas ganz Klares und einfach zu Reproduzierendes sein. In der DDR gab es zu dieser Zeit keine öffentlichen Kopiergeräte. Aber von so etwas ging man gar nicht erst aus. Man war ja gewohnt, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und mit dem, was man hatte, etwas Passendes zu realisieren.

In dem Fall ergab es sich, dass Reststreifen von einem Posten Einladungskarten, die wir im Klubhaus hatten drucken lassen, übrig waren (gemeint ist die „Steinstrasse“ in Leipzig Connewitz, in der cairo zu dieser Zeit arbeitete). Das war sehr schöner weißer Karton, auf der einen Seite matt glänzend … Ich sah gleich, dass die fast schon Kassettengröße hatten und habe sie beiseite getan. Und etwas später dann das rote Isolierband  darüber geklebt. Dazu ein Fotoausschnitt. Fertig.

Cover des ersten Real Deal-Tapes (Leipzig) Ende 1987 / Anfang 1988Aber zurück zu „Between Platform And Train“: Als ich fast alle Songs fertig hatte und auch wusste, wohin die Geschichte geht, war ich auf der Suche nach dem passendem Covermotiv. Eine Inspiration. Dann kam mir der Zufall zu Hilfe. Jacqueline Spieweg, eine befreundete Grafikerin, zeigte mir einige ihrer Bilder und ich wusste sofort, dass dieses genau das darstellte, was mir durch den Kopf ging.

Originalbild von Jaqcueline SpiewegJacqui Spieweg: Das ist eines meiner Reliefbilder. Es ist teilweise gemalt, enthält aber auch Elemente einer Skulptur. Das Gesicht ist aus Gips, die Haare stammen von einer Perücke und zwischen den Haarsträhnen sitzt Moos aus dem Modellbau. Die meisten Reliefbilder habe ich mit Ölfarbe gemalt, bei diesem habe ich öl- und wasserlösliche Farben verwendet, die sich nicht vermischten, die voneinander abperlten. Dadurch bekam ich den Effekt der Luftbasen und des verwirbelnden Wassers. Das Bild zeigt den Moment nach einem Sprung ins Wasser. Dicht unter der Oberfläche ist noch alles in Bewegung, doch etwas tiefer wartet die Dunkelheit und die Stille.

cairo: Ich war total begeistert. Dann habe ich Jacqui ein Demo von den Songs gegeben und sie meinte, ich könne das Bild gern als Covermotiv verwenden. Das war ein wunderbarer Moment. Für mich hat dieses Wesen etwas ganz Eigenes. Die grünlich schimmernde Haut, die Haare – oder der Kopfschmuck, man weiß es nicht genau, lassen es als anders, fremdartig erscheinen. Da ist dieser Moment der Unwirklichkeit. Jedenfalls passte es perfekt zu meiner Idee hinter dem Album … Ich bin immer noch froh – nochmals danke Jacqui!

Jacqui: Sehr gerne!

Zeit für Musik: ROCK IT! – ebenfalls vom Album BETWEEN PLATFORM AND TRAIN – ist die „Aufforderung, die Sau raus zu lassen … und der Morgen danach … oder so ähnich …“

Weiter im Text, denn zu einem vollständigen Cover gehört natürlich nicht nur das Frontmotiv. Wie kamen denn die restlichen Elemente zusammen?

cairo: Eine Zeit lang waren wir öfters in einem Laden in Mitte, dem Keyser Soze. Und da war im Vorraum zu den Toiletten dieser Telefonautomat. Die Handy-Dichte war damals noch nicht ganz so dolle. Dazu die rote Wand im Halbdunkel. Mir gefallen solche Plätze. Man kam eine Wendeltreppe hinunter und tauchte in dieses leicht schummrige Ambiente ein, obwohl man ja eigentlich nur mal austreten wollte. Jedenfalls fotografierte ich das. Aber ohne konkrete Idee.
Später erinnerte ich mich an das Bild. Ich fand den Kontrast schön. Vorn das blaue Bild von Jacqui und hinten das rote Kellerfoto. Zwei Farben, die ich an sich schon sehr mag. Ich war neulich mal wieder an diesem Ort, aber das Wandtelefon ist nicht mehr da …

Fotos für die Rückseite des Albumcovers zu "Between Platform And TrainSchließlich machte meine Frau im Dachgeschoss-Studio (Berlin-Schöneberg), wo die Songs des Albums ja auch alle aufgenommen wurden, noch eine Reihe Fotos von mir. Wir suchten eines aus und ich versuchte eine Verbindung herzustellen. Dazu kamen noch Teile von anderen Bildern und einige Filter. Und ein kleines bisschen Magie … Es war ein Puzzle  und irgendwann passte es …

Und so sieht das komplette Cover-Artwork aus:

Das Artwork des Albums "Between Platform and Train"Zum Ende dieses Parts ein weiterer Album-Track: Das atmosphärische BETWEEN PLATFORM AND TRAIN PART II scheint nicht von dieser Welt zu sein … Die Geschichte dazu und zu anderen Songs demnächst im dritten Teil der Album-Story.

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Mehr zur Geschichte des Albums „Between Platform And Train“ im ersten Teil – hier.