SAVE OUR SOULS

ENDE/AUS’89: DAS LETZTE TAPE

THE REAL DEAL Ende 1988 (Reininghaus, Müller, Der Dicke v.l.n.r.)Die Aufnahmen zum 4. Tape von THE REAL DEAL begannen im März 1989. Dass es das finale Tape der Leipziger Indie-Band werden sollte, wusste zu diesem Zeitpunkt niemand. Alles lief prima. Die Jungs hatten im Januar und Februar erfolgreich Konzerte in Berlin und Leipzig gespielt, vor jeweils mehr Leuten als zuvor. Die letzte Veröffentlichung (NOBODY’S PERFECT) lag gerade einmal sechs Monate zurück und schon wieder hatte Cairo eine Reihe neuer Songs geschrieben, einige davon sogar schon live probiert. Kurzum, die Band beschloss eine neue Aufnahmesession im Proberaum zu starten. Der gleiche vertraute Platz also. Und das gleiche Equipment.

In alter Tradition spielten die Jungs das Material live in einem Ritt ein, für jeden Song zwei bis vier Takes – der beste kam dann auf das Mastertape. Overdubs, also mehrere Spuren zum Hinzufügen von Instrumenten und so weiter, waren nicht möglich. Die Technik im Osten nicht erhältlich oder nur zu astronomischen Preisen über Umwege oder auf dem Gebrauchtmarkt (ein 4-Spur-Recorder kostete da ca. 10.000 Ostmark). Auf der anderen Seite wurde so aber die Magie des Moments eingefangen, keine nachträgliche Korrektur, ursprünglich, roh und auch mit kleinen Macken … pure Energie.

Real Deal First Tape Recording Stuff

Recording Stuff: Der 6-Kanal-Monomixer von Vermona (Mono!) hatte einen integrierten Verstärker und kostete 2500 Mark der DDR! Daneben sieht man das Kassettendeck (JVC) auf dem aufgenommen wurde. Als „Aufnahmemeister“ war Cairo wie bei den Tapes zuvor wieder aktiv.

Alles in allem wurden bei dieser Session im März 1989 sieben Songs aufgenommen. Fast schon wieder ein Tape! Weitere Ideen waren noch nicht wirklich ausgereift und man beschloss, im Mai oder Juni weiterzuarbeiten. Dazu sollte es aber nicht kommen. Nach einem Konzert im April 1989 im Schmenkel-Club (Ost-Berlin) verschwand der Bassist. Es war eine seltsame Situation und es dauerte eine Weile bis Müller und Reininghaus das verabeitet hatten. Für die restlichen gebuchten Konzerte arbeitete man mit einem Ersatzbassisten. Aber es war nicht mehr dasselbe, die magische Dreier-Konstellation durchbrochen.

The Real Deal Ende 1988Und so beschlossen Müller und Reininghaus keine neuen Aufnahmen zu starten und die Band THE REAL DEAL erst einmal auf Eis zu legen. Als eine Art Abschiedsgeschenk erschien dann im Juni 1989 das Tape SAVE OUR SOULS. Die sieben neuen Songs vom März 1989 und eine Reihe von unveröffentlichten Aufnahmen – die meisten davon waren Livemitschnitte.

Müller und Reininghaus Sommer 1988

Und dann waren sie nur noch zwei: Müller und Reininghaus von THE REAL DEAL.

Das Cover

Songs schreiben, aufnehmen, mischen, mastern … bei Real Deal war immer alles Handarbeit in Eigenregie. DIY … Do it yourself … wie man später dazu sagen würde. Hilft dir keiner, mach es selbst! Auch die Kassettencover der Band folgten diesem Credo.

Eine erste Version des Covers zu SAVE OUR SOULS von THE REAL DEAL (Leipzig, Juni 1989).

Eine erste Version des Covers zu SAVE OUR SOULS von THE REAL DEAL (Leipzig, Juni 1989).

Cairo Reininghaus: Ich hab schon früh angefangen, Cover für Kassetten zu machen. Damals waren die Tapes ja unser heiliger Gral. Alles, was man im Radio an guter Musik hörte, wurde mitgeschnitten. Meistens von Westsendern. Oder ganze Platten überspielt. Die gab es ja nicht wirklich im Osten damals. Nur über Umwege, Westverwandte, Schwarzmarkt … Und dann bastelte man sich ein passendes Cover dazu. Also, nicht nur ich, auch meine Freunde. Mit Rubelbuchstaben, Fotos und so weiter.

Und später, für unsere eigenen Songs und Kassetten lag das auf der Hand. Musik und Cover waren und sind für mich immer etwas, was zusammengehört. Es gab zudem in der DDR keine wirkliche Möglichkeit der Vervielfältigung, oder wenn, dann staatlich kontrolliert. Kopierer … Copyshops? No way! Also war jedes Kassettencover ein Unikat. Man musste sich überlegen, wie man das so umsetzte, dass es ohne allzu großen Aufwand reproduzierbar war.

Eine alternative Version der Covers zu SAVE OUR SOULS von THE REAL DEAL (leipzig, Juni 1989).

Eine alternative Version des Covers zu SAVE OUR SOULS von THE REAL DEAL (Leipzig, Juni 1989).

Bei SAVE OUR SOULS habe ich zunächst mit Linolschnitt gearbeitet. Von einem Freund, der in einer Druckerei ebeitete, hatte ich richtige Druckerfarbe … in Schwarz und Dunkelrot. So entstand dann die erste Version des Covers. Angefangen hatte ich die Tapeserie bei Real Deal mit einem weißen Motiv (THE REAL DEAL, März 1988), darauf folgte ein schwarzer Grundton (NOBODY’S PERFECT, Oktober 1988). Nun also rot. Dann bekam ich von meiner Cousine aus Hamburg einen weißen Edding-Stift geschenkt. Das war der absolute Clou. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Und damit hab ich dann einige andere Varianten gebastelt, dazu noch Fotos verwendet, je nachdem, was gerade da war. Die Kassettenzahlen, die wir unter die Leute brachten, waren ja übersichtlich.

Die Musik

Und hier ist es nun – das letzte REAL-DEAL-Tape – zum ersten Mal überhaupt als digitale Veröffentlichung auf bandcamp! Die Musik ist eindeutig immer noch Real Deal. Aber vielleicht mehr auf den Punkt gebracht, ausgefeilter, aber auch nachdenklicher. Es könnte der Abschluss einer soundtechnischen Triologie sein – die Bedingungen waren ähnlich, und vom Erscheinen des ersten Tapes bis zu SAVE OUR SOULS waren gerade einmal 16 Monate vergangen, ein enger zeitlicher Rahmen also. Niemand kann sagen, wie ein folgendes Tape/Album der Band geklungen hätte, was für eine Art Songs darauf gewesen wären. Und so bleibt SAVE OUR SOULS ein fulminanter Schlusspunkt einer spannenden Geschichte. Ein Teil der unabhängigen Musikszene eines Landes, was nur Monate später verschwinden sollte.

Das Musikmachen, Kunst überhaupt, war in der DDR eine Möglichkeit, den engen, vorgeschriebenen Grenzen des Geistes und des Lebens überhaupt, kreativ zu begegnen, ihnen sich mehr oder weniger entgegenzustellen. Natürlich ging der allgemeine Zeitgeist nicht spurlos vorrüber, es gab Radiowellen und TV-Sender, der Westen war präsent. Diese Einflüsse prägten auch die Musikszene der DDR, da kam man nicht drumherum. Wollte man auch nicht. Hinzu kam aber noch die Besonderheit des Lebens in einer Diktatur. Und dadurch eben doch etwas Eigenes, Typisches.
Jetzt aber Schluss der Worte – nun soll (endlich) die Musik übernehmen.
Viel Spass beim Hören – enjoy!

PS: Die beiden oberen Bandfotos hat Michel DuChesne gemacht. Das untere Felicitas Reininghaus. Alle Bilder sind im Original schwarz/weiss und wurden nachcoloriert.
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Auch zu den anderen Tapes und Veröffentlichungen von THE REAL DEAL findet ihr hier Informationen:

THE REAL DEAL – das erste Tape

real deal leipzig first tape headerNOBODY’S PERFECT – das zweite Tape

The Real Deal Header Nobody's PerfectBY THE WALL – Real Deal live in Berlin Januar 1989

The Real Deal Live in Ostberlin 1989… und weitere Stories mehr!

 

 

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